Mit dem Aus für Hilfsmittel-Ausschreibungen und dem Auslaufen der Übergangsfrist stehen Stomaträger mehr denn je vor Herausforderungen. Besonders betroffen sind Versicherte der KKH und DAK-Gesundheit, die sich in Folge der neuen Verträge mit den niedrigsten Pauschalen für Stomaartikel und dem zweiten Leistungsbringer-Wechsel innerhalb eines Jahres auseinandersetzen müssen.
Bis kurz vor dem Auslaufen der Übergangsfrist Ende November 2019 sah es noch so aus, als würde die DAK-Gesundheit für ihren ersten Stoma-Vertrag des Nach-Ausschreibungs-Zeitalters keinen einzigen Vertragspartner finden. Doch dann unterschrieben doch noch zwei bundesweit tätige und einzelne regionale Leistungserbringer.
Ein erklärtes Ziel hat die Krankenkasse jedenfalls im letzten Moment noch erreicht: Der Verwaltungsaufwand im Vertragspartner-Management wurde deutlich reduziert, statt mehrerer Hundert Vertragspartnern sind es heute nicht einmal mehr 30.
Kein Wahlrecht mehr
Von einem Wahlrecht kann damit aus Sicht der DAK-Versicherten keine Rede mehr sein. Starten Sie einmal im Hilfsmittel-Lotsen der DAK-Gesundheit im 30-km-Umkreis Ihrer PLZ eine Suche. Es werden selten mehr als drei Leistungserbringer für Stomaartikel angezeigt. Um die Auswahl für ihre Versicherten dermaßen einzuschränken, hatte die KKH anno 2017 noch auf Ausschreibungen zurückgreifen müssen. Die Situation ist mit dem Beitrittsvertrag also nicht viel besser als zur Ausschreibungs-Zeiten.
Spektrum der Beschwerden
Seit Mitte Dezember gehen in der Geschäftsstelle des Selbsthilfe Stoma-Welt e.V. täglich Anrufe und E-Mails, überwiegend von Kunden der DAK-Gesundheit, vereinzelt auch von Versicherten der KKH. Ein Lob für eine der beiden Kassen erreichte uns bislang nicht. Das Spektrum der Beschwerden ist dagegen groß.
Häufig wird die Erreichbarkeit der Leistungserbringer bemängelt, viele klagen über lange Wartezeiten in Warteschleifen und ausbleibende Antworten auf E-Mails. Zugesagte Rückrufe erfolgen oft nicht.
DAK-Versicherte wurden teilweise zu spät, falsch oder gar nicht beliefert, obwohl sie noch im November auf Aufforderung der Krankenkasse ihren Bedarf bei einem der Leistungserbringer angemeldet hatten.
Schlechte Erreichbarkeit der Hotlines und logistische Probleme lassen sich aber vielleicht noch als Anlauf-Schwierigkeiten verbuchen, gerade die Vertragspartner der DAK-Gesundheit haben sich kurzfristig und noch dazu in der Weihnachtszeit einer großen Herausforderung gestellt.
Aufzahlungen gefordert
Schwerwiegender sind allerdings die Forderungen von wirtschaftlichen Aufzahlungen, mit dem Argument die Krankenkassen würden die benötigten Hilfsmittel oder Mengen nicht mehr voll zahlen. Einzelne Versicherte wurden sogar aufgefordert, sich an einen anderen Vertragspartner zu wenden, da man keine neuen Kunden mehr aufnehmen oder einen überdurchschnittlich hohen Versorgungsbedarf nicht abdecken könne.
All diese Erfahrungen finden sich so auch öffentlich in Foren und sozialen Netzwerken. Aber wie auch die bei uns ankommenden Rückmeldungen, ist das nur die Spitze des Eisbergs, denn nur ein Teil der Stomaträger/-innen ist in der Selbsthilfe organisiert, und mit einem Altersdurchschnitt von 73-75 Jahren gehört die Mehrheit noch nicht zu den regelmäßigen Internetnutzern.
Lebensqualität darf nicht vom Geldbeutel abhängen
Wir werden die Entwicklung weiter beobachten und Stellung dazu beziehen. Aber das Ziel, wofür sich Politik, Aufsichtsbehörde, Branche und vor allem auch die Stomaträger/-innen selbst in den vergangenen drei Jahren immer wieder eingesetzt haben, ist noch immer nicht erreicht: Wir laufen weiter Gefahr, dass unsere Lebensqualität zukünftig vom eigenen Geldbeutel abhängt. Wehe wenn das Beispiel der beiden Kassen Schule macht.
Quelle: Dieser Beitrag erschien zuerst als Gast-Kommentar im Magazin Medizinisch-Technischer-Dialog (MTD), Ausgabe 2/2020