Zuwenig Abwehr als Auslöser einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung? - Stoma-Welt - https://www.stoma-welt.de/

Sie treten meist im jungen Alter zwischen 20 und 30 Jahren erstmals auf und ihre K....rankheitsschübe belasten die Betroffenen extrem - chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Als Ursache galten bisher Entzündungen der Darmschleimhaut, die durch eine Überreaktion des Immunsystems entstehen - das eigene Immunsystem greift den gesunden Darm an. Aktuelle Studienergebnisse deuten aber erneut auf ein Versagen der angeborenen Abwehr gegen Darmbakterien hin. Die Entzündung im Darm ist demnach nicht die Ursache, sondern lediglich Folge der Erkrankung.

krampfartige Schmerzen und anhaltende Durchfälle schränken die Lebensqualität der Betroffenen stark ein

krampfartige Schmerzen und
anhaltende Durchfälle schränken die
Lebensqualität stark ein

Morbus Crohn [1] und Colitis ulcerosa [2] sind Erkrankungen, die schubweise auftreten. Beschwerdefreie Zeiten wechseln sich mit Phasen ab, in denen die Erkrankung mit krampfartigen Bauchschmerzen und aggressiven Durchfällen Betroffene stark belastet. Mehr als 20 Toilettengängen am Tag sind in akuten Phasen nicht selten. Heilung gibt es bislang nicht, eine CED ist ein lebenslanger Begleiter. Bei schweren Krankheitsverläufen, in denen kaum eine Ruhephase eintritt, ist ein Stoma eine Option um die andauernde Belastung durch die ständigen Durchfälle zu durchbrechen und Lebensqualität zurück zu gewinnen.

Als Ursache für eine CED gingen Experten lange Zeit von einem übereifrigen Immunsystem aus, dass die Darmschleimhaut als Feind betrachtet, angreift und damit die Entzündungen auslöst. Durch gezielte Behandlung werden die Entzündungen zurück gedrängt und so die Krankheitssymptome bekämpft. Dabei kommen heute häufig Immunsuppressiva zum Einsatz mit dem Ziel das überaktive Immunsystem auszubremsen. Ein Effekt den Betroffene nicht selten mit den starken Nebenwirkungen dieser Medikamente bezahlen.

Bereits seit mehr als 10 Jahren gibt es immer wieder Hinweise, dass sich die Entzündungsreaktion nicht direkt gegen den eigenen Körper richtet, sondern gegen normale Darmbakterien. Diese dringen bei CED-Betroffenen bis in die Darmschleimhaut ein, werden aber von einem gesunden Immunsystem spätestens an der Darmoberfläche unschädlich gemacht. Auf die Eindringlinge reagiert die Schleimhaut wiederum mit einer eigenen Abwehrreaktion, es entstehen die typischen Darmentzündungen.

Versagt hier die angeborene Abwehr von Darmbakterien? Ja, meint PD Dr. Jan Wehkamp vom Robert-Bosch-Krankenhaus bzw. dem Institut für klinische Pharmalogie Stuttgart auf der . Der Arzt, der für seine Forschungsarbeit bereits im Jahr 2006 den Ludwig- Demling-Forschungspreis des DCCV erhielt, erläuert:

Die Darmentzündungen sind eine konsequente Reaktion auf das Eindringen von Bakterien, weil das Immunsystem diese zu Recht als 'fremd' erkennt. Die jüngsten Erkenntnisse der Grundlagenforschung könnten zu grundsätzlich neuen Ansätzen in der Therapie führen. Voraussetzung dafür ist die Entwicklung von Substanzen, mit denen das angeborene Immunsystem und die Darmbarriere gestärkt und unterstützt werden.

Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass alle heutigen Therapieansätze falsch sind. Gerade in akuten Krankheitsphasen bleibt es sehr wahrscheinlich weiterhin sinnvoll und notwendig die Immunreaktion des Körpers zu unterdrücken. Aber eine Stärkung der eingeschränkten körpereigenen Abwehr könnte den Krankheitsverlauf abschwächen und dafür sorgen, dass der Einsatz stark belastender Medikamente deutlich seltener notwendig wird. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Für die Entwicklung, Erprobung und Zulassung entsprechender Medikamente vergehen erfahrungsgemäß Jahre. Dennoch, eine für Betroffene durchaus positive Perspektive bieten die aktuellen Erkenntnisse der Grundlagenforschung allemal.

Quellen: Pressemitteilung zum Crohn-Colitis-Tag 2011 vom 07.09.2011 [4], Kompetemznetz Darmerkrankungen, zuletzt abgerufen am 19.05.2015

"Es ist Schwachsinn, Morbus Crohn als eine Autoimmunerkrankung einzustufen", Artikel des DCCV e.V. vom 20.07.2011 (leider nicht mehr online verfügbar)